Reisen und Freizeit

Kleine Insel, große Vielfalt

Malta. Auf der winzigen Inselrepublik vereinen sich historische Schätze und barocke Pracht mit mediterranem Lebensgefühl, arabischem Erbe und britischer Nonchalance.

Gleich hinter Sizilien beginnt der Landeanflug auf Malta, die Passagiere am Fenster schätzen sich glücklich. Unten breitet sich der Mittelmeerkleinstaat in seiner ganzen Größe aus: Zuerst schwebt der Flieger über das winzige Schwestern-Eiland Gozo mit romantischer Klippenküste. In der blitzblauen Meereslagune ruhen die winzigen Pünktchen der Inseln Comino und Cominotto. Und schon ist die Hauptinsel Malta mit ausgedehnten Städten, gigantischen Festungsmauern und Hafenanlagen unter uns. Vielerorts ragen Kirchenkuppeln in den Himmel, die wie kandierte Kirschen auf der Insel kleben.

Das war’s – wir haben eigentlich schon alles gesehen. Falsch, denn die winzige Inselrepublik bietet viel Abwechslung und alles, was einen gelungenen Urlaub ausmacht. Nur lange Wege gibt es hier nicht. Die Hauptinsel Malta misst gerade mal 315 km2 (Wien 415 km2).

Reiches Geschichtserbe. Malta blüht seit der jüngeren Steinzeit. Lange vor den ägyptischen Pyramiden entstanden hier imposante Megalithtempel. Am beeindruckendsten ist das Hypogäum Ħal-Saflieni im Städtchen Paola: Bis zu 14 Meter tief unter der Erde verstecken sich 33 (Grab-)Kammern, Gänge, Nischen und Hallen. Sie wurden vor mindestens 5000 Jahren von bloßer Menschenhand aus dem Felsen gehauen und zufällig bei Bauarbeiten entdeckt. Archäologen vermuten, dass hier rund 30.000 Menschen bestattet wurden. Nicht minder interessant sind die vorbildlich rekonstruierten, oberirdischen Tempel von Tarxien sowie auf Gozo Ġgantija. Insgesamt erzählen 24 megalithische Anlagen schüchtern von der ältesten europäischen Geschichte, wobei sie mehr verschweigen als verraten.

In Folge machten es sich Phönizier, Karthager und Römer auf der Insel bequem, bevor Araber Ende des 9. Jahrhunderts Malta in Besitz nahmen und für knapp 200 Jahre blieben. Aus ihrer Ära stammt die Landessprache Malti, ein witziges Kauderwelsch aus Arabisch, Italienisch, Englisch und Brocken Französisch.

Die große Blüte Maltas begann mit der Ära der Malteser- bzw. JohanniterRitter (ist dasselbe). Für die christlichen Kreuzzüge wurden ab 1095 bestens geschulte Elitetruppe mit Mitgliedern aus den besten Adelshäusern Europas zusammengestellt (der „Orden der Ritter des Heiligen Johannes zu Jerusalem“). Von den Osmanen aus Jerusalem vertrieben, landeten die edlen Ritter 1530 schließlich auf Malta. Somit begann eine prunkvolle Zeit, die 300 Jahre andauerte und den Untergang der osmanischen Herrschaft im Mittelmeer mit sich brachte. Das winzige Inselreich war die Hochburg der europäischen Zivilisation.

Damit noch nicht genug bewegte Geschichte: Nach einem kurzen Zwischenspiel Napoleons trat 1814 Englandauf den Plan – mit deutlichen Spuren bis heute (zweite offizielle Landessprache Englisch, Linksverkehr). Im September 1964 wurde Malta unabhängig und am 1. Mai 2004 Mitglied der EU.

Valletta: christliches Bollwerk. 1557 wurde Jean de la Valette Johanniter-Großmeister. Fieberhaft sorgte er – mit finanzkräftiger Unterstützung des europäischen Adels – für den Ausbau der Festungsanlagen auf Malta und Gozo und investierte gewaltig in „seine“ neue Hauptstadt Valletta. Prächtige Barockbauten aus honiggelbem Sandstein, ein damals richtungsweisendes Krankenhaus, Festungsmauern, Hafenanlagen und der Ordenssitz wurden errichtet. Keine Stadtanlage des 17. Jahrhunderts war wehrhafter und stolzer.

Heute ist eine Besichtigungstour durch das UNESCO-Welterbe Valletta höchst vergnüglich: Die engen Gassen mit pittoresken Barockpalazzi und bunten Holzveranden sind schachbrettartig angelegt, die Hauptachse Republic Street zieht magisch zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten und schattige Parkanlagen laden ein. Die St. John’s CoCathedral birgt in ihrem Inneren das einzige handsignierte Gemälde Caravaggios („Die Enthauptung Johannes des Täufers“). Doch Valletta ist keineswegs museal. Zuletzt verpasste der italienische Stararchitekt Renzo Piano der Stadt die krachmoderne Landmark des neuen Parlaments.

Auch im Inselinneren dominiert vielerorts barocke Pracht: In geballter Form im mittelalterlichen Mdina samt Kathedrale (erste Hauptstadt und Bischofssitz); in privater Ausprägung im Palazzo Parisio samt Garten im Städtchen Naxxar. Dieses Anwesen der Adelsfamilie Scicluna ist als Restaurant und Veranstaltungslocation heute Treffpunkt der feinen Lebenskunst, die überladenen Räumlichkeiten laden zum Flanieren ein.

Kleine Schwester Gozo. Mit einem ganz anderen Gesicht zeigt sich die winzige Schwesterninsel Gozo (7 mal 14 km klein). Gozo ist ländlicher, ursprünglicher und stiller. Zu entdecken gib es gewaltige Kirchen mit noch gewaltigeren Kuppeln, bis zu 190 Meter hohe Steilklippen, die Inselhauptstadt Victoria samt mächtiger Cittadella oder die Salzpfannen im Norden (seit der Römerzeit in Betrieb). Besonders amüsant ist eine Inselrundfahrt im Tuk Tuk samt Chau©eur, bei „Yippee“ geht das dank Elektro-Wägelchen auch lautlos.