Reisen und Freizeit
Die Karibik des Mittelmeeres
Sardinien ist ein besonderes Juwel, geprägt von Vielfalt und Ursprünglichkeit. Abseits der herrlichen Strände verzaubert Italiens zweitgrößte Insel mit einem bergigen Landesinneren, urigen Städten, pittoresken Bergdörfern, steinalten Zeugnissen frühester Kulturen, einer weitgehend intakten Natur sowie authentischer Ursprünglichkeit gepaart mit unglaublichem Luxus als Kontrast.
Erfreulicherweise setzt Sardinien seit den 1960er-Jahren auf intelligenten, sanften Tourismus. Die 1.800 Kilometer lange Küstenlinie ist bis dato kaum verbaut, denn für Strandregionen gelten gesetzliche Schutzzonen, innerhalb derer kein Hotel gebaut werden darf. Zusätzlich bewahren sechs Meeresschutzgebiete, ein Naturschutzgebiet zu Land sowie zwei Nationalparks die unverfälschte Schönheit der Insel.
Klobige Strandhotel-Kästen sind erfreulicherweise die Ausnahme, dafür gibt es Traumbuchten allerorts. Die allerschönsten Buchten sind nur zu Fuß erreichbar, dann aber glitzert der Sand so weiß und das Meer so intensiv türkis und blau wie in der Karibik. Oder man besteigt im Hafenort Palau ein Boot und schippert hinaus in den Nationalpark des Archipelago La Maddalena ganz im Norden. Die Gruppe aus zumeist unbewohnten Granit-Eilanden ist mit grüner Macchia und bunten Wildblumen überzogenen, vielerorts locken versteckte Felsbuchten und winzige Strände. Ein Traum!
Nicht minder schön ist die legendäre Costa Smeralda im Nordosten. In den 1960er-Jahren verliebte sich der arabische Prinz Aga Khan IV. in diesen einzigartigen, damals völlig unberührten Küstenstrich und etablierte ein stilvolles Luxus-Glamour-Urlaubsrefugium für Reich und Schön nach neosardischem Konzept. 1998 eröffnete der ehemalige Formel-1-Teamchef Flavio Briatore in Porto Cervo zusätzlich den legendären „Billionaire Club“, eine beliebte Party-Locations für den internationalen Jetset.
Doch nicht weit davon entfernt gibt sich Sardinien auch authentisch und ursprünglich: Eine besonders traditionsverbundene Provinz ist die reizvolle Berglandschaft der Gallura. Vor der eindrucksvollen Kulisse der AggiusBerge liegt das Städtchen Tempio Pausania mit Prachtbauten aus dem typisch rosa Granit der Gallura. Übrigens: Dieses edle Material ziert auch den Sockel der Freiheitsstatue in New York sowie das Innere des Flughafens von Kuwait! Doch Tempio Pausania errang auch traurige Berühmtheit: Hier wurde in den 1970er-Jahren der italienische Barde Fabrizio De André von sardischen Banditen gekidnappt und fünf Monate lang festgehalten. Gottlob mit Happy End ...
Bewegte Geschichte. Wer das wahre Sardinien kennenlernen möchte, muss einen Blick auf seine bewegte Geschichte sowie in das Landesinnere werfen. Die schier endlose Folge von Inseleroberungen und Besatzungen beginnt bei den Phöniziern und Karthagern und spannt sich über die alten Römer, germanischen Vandalen, Byzantiner, Pisaner, Genuesen und Spanier bis 1861, als Sardinien Teil des geeinten Italiens wurde. Die strategisch günstige Lage im Mittelmeer machte das Eiland all die Jahre hindurch zur begehrten Beute.
So ist es kein Wunder, dass alles, was über das Meer kam, als Feind betrachtet wurde und die Sarden niemals Seefahrer waren, sondern sich im gebirgigen Landesinneren verschanzten. Und genau hier haben sich schaurige Mythen von Banditen und Räubern, von urtümlichen Traditionen und rätselhaften Sagen bis heute erhalten. Das Museo etnografico Galluras im kleinen Bergdörfchen Luras etwa ist eine Fundgrube für Volkskultur jeder Art.
Drehen wir das Rad der Zeit noch weiter zurück – in die Bronzezeit: Zwischen 2200 und 400 Jahre vor Christus entstanden auf der Insel rätselhafte Nuraghen: hoch aufragende, runde Steinbauten. Bis heute sind 7.000 – mehr oder weniger gut erhalten – über die ganze Insel verstreut. Die Funktion dieser megalithischen Monumente ist bis heute unklar: Dienten die prähistorischen Steinbauten Herrschern als Residenz? Oder waren es Festungen, Tempel oder astronomische Observatorien? Unangefochtener Star unter den nuraghischen Palästen ist Su Nuraxi bei Barùmini (UNESCO-Weltkulturerbe); nicht minder sehenswert sind die Nuraghen Santu Antine (Torralba) oder Losa (Abbasanta).
Natur & Kultur. Wenn die Hitze des Hochsommers nachlässt, ist die beste Zeit für sportliche Betätigung: Das gebirgige Landesinnere ragt bis 1.834 Meter hoch auf und ist mit geheimnisvollen Karsthöhlen, imposanten Schluchten, uralten Hirtenpfaden und Schutzgebieten wie der Nationalpark Gennargentu ein perfektes Ziel für Wanderer. Auch entlang der zerklüfteten Küste gibt es herrliche Pfade. Kulturinteressierte finden hier auch sehenswerte Orte und Städte. In der Inselhauptstadt Cagliari, in Alghero, Castelsardo, Bosa und weiteren Orten warten pittoreske Architektur und historische Sehenswürdigkeiten. Enge Gassen laden zum Bummeln ein und eine gepflegte Lokalszene zu regionalen Leckerbissen.
-CJB