Reisen und Freizeit

Kultur als Salz der Zukunft

Salzkammergut & Bad Ischl. Nicht nur das Kaiserstädtchen, die gesamte Region trägt den Titel European Capital of Culture „Salzkammergut 2024“. Unser Resümee: Unbedingt sehenswert. Hinfahren!

Sei es ein Konzert-Großereignis mit einer Vielzahl von Chören und dem Bruckner Orchester Linz in der spektakulären Saline Ebensee; ein Musikfest in 23 Gemeinden des Salzkammerguts und gleichzeitig 540 Städten weltweit; oder die Übertragung der Glockenklänge von Notre-Dame Paris mittels Vibrationssensoren in die Eishöhlen am Dachstein. Auch neue Wanderwege für begleitete Dialog-Wanderungen gehören dazu – zum Angebot von „Salzkammergut Bad Ischl 2024“. Für das breite Publikum erlebbar ist weiters eine transdisziplinäre Klimakonferenz zur Zukunft des Wassers oder experimentelle musikalische Positionen und digitale Kunst. Ein Regional-Expresszug fungiert als Erzähler, Zeitreisender und Landschaftskino. Viel Kunst für alle Ansprüche gibt es in „unserer“ Kulturhauptstadt zu bestaunen.

Nach 2003 (Graz) und 2009 (Linz) ist Österreich mit „Salzkammergut Bad Ischl 2024“ zum dritten Mal European Capital of Culture. Erstmals in der 38-jährigen Geschichte dieses EUKulturprojektes trägt keine Stadt, sondern ein ländlicher Raum den Titel. Unter dem Motto „Kultur ist das neue Salz“ präsentieren die „Bannerstadt“ Bad Ischl und weitere 22 Gemeinden in Oberösterreich und der Steiermark ihre Vielfalt an Kultur und Tradition, die von 7000 Jahre Salzabbau und der Sommerfrische der Habsburger geprägt wurde.

Ländliche Region im Blickfeld. „Die Aufgabe von Salzkammergut Bad Ischl 2024 ist, Erinnerungskultur hochzuhalten und unser Erbe klug weiterzuentwickeln“, erklärt die künstlerische Direktorin Elisabeth Schweeger. „Die alpine Zone mit all ihren Defiziten und Stärken verdient die gleiche Beachtung wie der urbane Bereich. Europa lebt in Zeiten des Umbruchs und muss sich neu positionieren: Wir entwickeln mit diskursiven performativen Formaten neue Visionen und Ideen. Das Salzkammergut steht exemplarisch für ein Europa mit starken ländlichen Gebieten.“

Rund 300 Veranstaltungen und Projekte gliedern sich in vier Linien: (1.) „Macht und Tradition“ zeigt auf, wie Stärkeverhältnisse die Region präg(t)en. (2.) Bei „Kultur im Fluss“ wecken zeitgenössische Positionen Potenziale und vernetzen mit Europa. (3.) „Sharing Salzkammergut – die Kunst des Reisens“ beschäftigt sich mit Tourismus als Lebensader und zeigt neue sanfte Dimensionen auf. (4.) „Globalocal – Building the New“ denkt die Welt von morgen neu und erarbeitet Zukunftsstrategien zur Vernetzung des alpinen mit dem urbanen Raum.

Die viel beachtete Erö£nungsfeier war bereits am 20. Jänner, nun läuft das Programm zur Höchstform an. Die Hauptausstellung „Kunst mit Salz undWasser“ findet bis 31. Oktober 2024 im nach jahrzehntelangem Leerstand frisch revitalisierten Sudhaus in Bad Ischl statt und zeigt, wie das „weiße Gold“ das Salzkammergut prägte und zu Wohlstand führte. Weitere spannende Langzeitausstellungen sind „Luv Birds in toten Winkeln“ von Maruša Sagadin in Bad Ischl oder die Schau „Verborgen im Fels“: Hier erzählt Comiczeichner Simon Schwartz am Steinberghaus in Altaussee die Geschichte des Salzes auf humoristische Art. Die japanische Künstlerin Chiharu Shiota beschäftigt sich im Stollen des ehemaligen Konzentrationslagers Ebensee mit dem Thema Erinnerungskultur. Mit den Projekten „City of Ceramics“ und „Academy of Ceramics“ wird Gmunden dem angestammten Ruf als Keramikstadt gerecht und erweitert auf eine zeitgenössische Ebene.

Weitere Leitprojekte sind das Workshop SCALA Salzkammergut Craft Art Lab (Bad Goisern), der slow Tourism „Große Welt-Raum-Weg“ (an fünf Stationen) oder die Klanginstallation „Silent Echoes“ von Bill Fontana in den Dachstein-Eishöhlen. Das Zukunftslabor Holy Hydra Next Generation You zeigt die Bedürfnisse junger Menschen. Einzigartige Highlights sind das Konzert Bruckners Salz (15. Juni in den Salinen Ebensee) und die Fête de la Musique (21. Juni in allen 23 Gemeinden sowie weltweit).

Kultur trifft Nachhaltigkeit. Vieles ist geschehen – und einiges davon wird das Kulturhauptstadtjahr überdauern: Leerstände wurden revitalisiert bzw. bespielbar gemacht: u. a. das Sudhaus und Lehár-Theater Bad Ischl, verschiedenste Museen, der Steinbruch Karbach bei Traunkirchen und das alte Salzamt in Hallstatt. Auch die Bahnhöfe der Region erleben als Kulturmeile mit virtuellen Ausstellungen einen neuen nachhaltigen Auftritt und „Salz Lake Cities“ ö£net regionale Leerstände als Erlebnisorte und Tre£punkte der in- und ausländischen Kunstszene.

Im Projekt „Wirtshauslabor – Lokal anders gedacht“ verbinden die Spitzenköche Lukas Mraz, Philip Rachinger und Felix Schellhorn traditionelle Gastronomie mit neuer Kochkunst und innovativen Konzepten. Somit reaktivieren sie Leerstand und inspirieren ambitionierte Auszubildende: ein hoffentlich lang anhaltender Impuls zur Wiederbelebung der verschwindenden Wirtshauskultur am Land. 

-CJB