Reisen und Freizeit

Die kleine Schwester der Toskana

Italien. Die Region Marken ist touristisch noch wenig entdeckt, bietet aber eine große Vielfalt mit herrlichen Adria-Stränden sowie Natur- und Kulturschätzen.

Sanft geschwungene Hügelketten von der Adria bis zum Apennin mit 2500 Meter hohen Gipfeln, dazwischen verstecken sich mittelalterliche Dörfer mit einzigartigen Kunstschätzen sowie großartige Naturjuwele. Das sind die Marken (italienisch: Le Marche). Die Region trägt tatsächlich als einzige Italiens einen Plural-Namen. Die sogenannte „kleine Schwester der Toskana“ ist für viele genauso schön, wenn nicht noch schöner: Sie ist sehr vielfältig und touristisch nur wenig entdeckt – speziell das Landesinnere konnte noch authentische Ursprünglichkeit und viel vom alten Charme Italiens bewahren. Nur langsam rollt der internationale Tourismus-Tross an: Lonely Planet zählte die Marken 2020 zu den drei besten Reisedestinationen weltweit.

Strände, Städte, viel Natur. Le Marche bilden quasi die Wade am italienischen Stiefel, 69 Prozent der Fläche entfallen auf Hügelland, knapp 30 Prozent auf das Apennin-Gebirge. Die Adriaküste ist knapp 180 Kilometer lang und in 26 Badeorten touristisch gut erschlossen, sehr oft weht die „Bandiera Blu“, die Blaue Flagge der EU für beste Wasserqualität.

Die Riviera del Conero südlich von Ancona bietet mit kleinen, romantischen Buchten, eindrucksvollen Grotten und breiten Sandstränden zwischen steilen Felsklippen ein außergewöhnliches Szenarium. Rund um den Monte Conero (572 m) erstreckt sich der gleichnamige Naturpark – ein Paradies für Outdoor-Fans: 18 Routen führen durch die ausgedehnten Wälder mit mediterraner Macchia, Steineichen, Erdbeerbäumen und Ginster.  An der Riviera delle Colline (Riviera der Hügel) finden Badenixen ausgedehnte Sandstrände – etwa zwischen den Flussmündungen von Tavolo und Cesano. In Senigallia lädt die 13 Kilometer lange Spiaggia di Velluto („Samtstrand“) mit feinstem Sand und extrem flach abfallend ein. Für Kleinkinder ein Paradies!

In der malerischen Hafen- und Regionshauptstadt Ancona etablierten bereits die alten Römer ein wichtiges Handelszentrum, die Altstadt birgt zahlreiche historische Denkmäler aus verschiedenen Epochen. Pesaro, die nördlichste Hafenstadt der Marken mit ihrem Renaissance-Stadtbild, ist die Heimat des berühmten Komponisten Gioacchino Rossini (und 2024 übrigens Kulturhauptstadt Italiens).

Das malerische Inland wird von zahlreichen Hügeln, auf deren Spitzen mächtige Burgen, Kastelle oder mittelalterliche Dörfer mit romanischen Kirchen thronen, geprägt. Kleine, von Eichenhainen abgegrenzte landschaftliche Nutzflächen (sie gehen auf die Zeit der Naturalpacht zurück) und verstreute Gehöfte machen den Landstrich so malerisch. Weinberge, Olivenhaine, Wälder, Sonnenblumen- und im Wind wogende Getreidefelder dominieren die Landschaft. Und stets ist die Adria allgegenwärtig: Von den Hügeln ist das leuchtende Blau des Meeres zu sehen. Im Hinterland konnten die Marken ihre Kultur bewahren, Traditionen sowie Handwerk überdauerten den Lauf der Zeit.

Höhlen-Labyrinth. Ein einzigartiger Naturschatz ist der Naturpark Gola della Rossa e di Frasassi: Die Grotte di Frasassi, ein 19 km langes Labyrinth aus Höhlen, kristallklaren Seen, Schluchten, Rissen und Felsformationen, führt in die Unterwelt und ist in Begleitung von Guides zugänglich. Die kathedralengroßen Räume mit farbenfrohen Kristallablagerungen und mächtigen Tropfsteinformationen, von denen beständig das Wasser tropft, zählen zu den schönsten Kalksteinhöhlen Europas.

Feine Sandstrände und hohe Berge liegen in den Marken nur 50 Kilometer voneinander entfernt. Die Sibillinischen Berge am Westrand bilden das „Dach der Marken“, der gleichnamige Nationalpark zählt zu den am dünnsten besiedelten Gebieten Europas. Die raue, weitgehend unberührte Schönheit der Bergnatur rund um den Monte Vittore (2478 m) wird von fünf Flusstälern durchzogen und lädt zu stillen Bergerlebnissen abseits der Massen ein.

Kultur, Theater, Festivals. Kulturelle Höhepunkte sind das aus Travertinsteinen errichtete Städtchen Ascoli Piceno. Die von zahlreichen Adelstürmen geprägte Altstadt mit der zentralen Piazza del Popolo zählt zu den schönsten Italiens. Urbino in den nördlichen Hügeln wurde im 15. Jahrhundert von einem Mittelalter-Kastell in eine perfekte Renaissance-Stadt umgestaltet (UNESCO-Weltkulturerbe). Hier wurde 1483 der große Maler und Architekt Ra¨aello Sanzio – bekannt als Ra¨ael – geboren.

Kulturliebhaber finden eine einzigartige Dichte an historischen Theatern (z. B. in Mondavio, Ascoli oder Pesaro) sowie im Sommer Open-Air-Festivals. Am bekanntesten sind das Rossini Opernfestival in Pesaro (www.rossinioperafestival.it) und das Sferisterio Opernfestival in Macerata (www.sferisterio.it). Mittelalterfeste wie das Reitturnier Giostra della Quintana in Ascoli Piceno (www.quintanadiascoli.it), die O¨agna auf einem Felsen mit Blick über die Riviera del Conero (https://oagnamedievale.com) oder die Festa del Duca in Urbino (www.urbinofestadelduca.it) sind farbenprächtige Augenweiden. Eine Freude für den Gaumen ist das Ascoliva-Festival in Ascoli Piceno rund um die berühmten gefüllten Oliven (www.ascoliva.it).