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Die Zukunft des Verbrenners?
Wir befinden uns in spannenden Zeiten: Kaum jemand zweifelt noch am Klimawandel und jedem ist klar, dass wir unseren schönen Planeten auf Dauer nicht weiterhin so dreist wie derzeit ausbeuten können. Allein: Einbußen in seiner Lebensqualität, die oft mit der Mobilität einhergeht, möchte niemand machen. Sieht man das große Ganze der Mobilität, so stellt man rasch fest: Das Allheilmittel zur Dekarbonisierung ist noch nicht erfunden. Mit der E-Mobilität kann der Individualverkehr – vorausgesetzt, man nutzt ausschließlich Ökostrom – CO2-neutral gehalten werden. Doch gibt es auch Anwendungen, wo der Elektroantrieb schlicht keinen Sinn macht: in der Schiff- oder Luftfahrt etwa, wo man derart große Batterien verwenden müsste, welche die Lade- und Frachträume auf ein Minimum reduzieren. E-Fuels hingegen haben dieselbe Energiedichte wie bekannte Treibstoffe und beanspruchen deswegen auch nur dieselbe Menge Platz. Aber auch ein anderer Ansatz macht E-Fuels interessant: Man kann diese über die gewohnte Infrastruktur auch in einen 30 Jahre alten Golf tanken und wäre damit genauso CO2-neutral wie jeder Ökostromer.
Was genau sind nun E-Fuels? E-Fuels sind synthetische Kraftstoffe, die – vereinfacht gesagt – mittels Strom aus Wasser und CO2 hergestellt werden. Im ersten Schritt wird Wasser per Elektrolyse in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff gespalten. Der gewonnene Wasserstoff wird im nächsten Schritt mit CO2 – das aus der Umgebungsluft gefiltert werden kann – zu Kohlenwasserstoffketten unterschiedlicher Länge verbunden, die wiederum die Basis für die E-Fuels darstellen. In weiteren Schritten bekommt man dann synthetisch hergestellten Treibstoff in den gewohnten Sorten Diesel, Benzin und Kerosin.
Was sind die Vorteile? Das Tolle an den E-Fuels: Weil bei der Herstellung das CO2 aus der Umgebungsluft entnommen wird, entsteht ein neutraler Kreislauf. Gleichzeitig verbrennen diese Treibstoffe sauberer als ihr rohölbasiertes Pendant, außerdem benötigen sie keine neue Infrastruktur: E-Fuels könnten – wie gehabt – über Tankstellen vertrieben werden, auch eine Beimengung zu herkömmlichem Sprit ist möglich.
Klingt soweit hervorragend: Doch wo ist der Haken? Für eine richtig nachhaltige Herstellung würde man die oft in der Werbung beschriebenen Ökostrom-Überschüsse benötigen, die es schlicht noch nicht gibt.
Hinderlich ist auch die übersichtliche „Well-to-Wheel“-Bilanz. Von der gesamten in den Herstellungsprozess gesteckten Energie kommen nur etwa 20 Prozent auch am Reifen wieder an. Das mutet im direkten Vergleich mit einem Elektrofahrzeug mittelalterlich an. Oder anders gesagt: Um synthetischen Sprit für eine Strecke von 100 Kilometern herzustellen, benötigt man die gleiche Menge Strom, die für 700 Kilometer in einem batterieelektrischen Auto reicht. Und dann wäre da noch der Preis: Nach aktuellem Stand der Technik kostet ein Liter E-Fuel etwa 4,50 Euro. Bei entsprechender Weiterentwicklung kalkulieren Experten, dass Preise um etwa 1,20 Euro pro Liter realisierbar sein dürften. Fossiler Sprit kostet in der Herstellung etwa 0,50 Euro. Da werden selbst bei ausgeprägtem Umweltbewusstsein allerhand steuerliche Anreize nötig sein.
Und was machen die Automobilhersteller? Während ausgerechnet GMChefin Mary Barra vor Kurzem bekannt gegeben hat, ab 2035 nur noch lokal emissionsfreie Fahrzeuge verkaufen zu wollen, baut Siemens Energy in Kooperation mit Porsche in Chile eine in der Pilotphase bis 2022 130.000 Liter E-Fuels erzeugen, bis 2026 soll die Kapazität gar auf 550 Millionen Liter pro Jahr gesteigert werden. Die Windverhältnisse in Patagonien sorgen für unbegrenzte Energie.
Sinnvolle Ergänzung. Da der deutsche Wirtschaftsminister eine Anschubfinanzierung von 8,32 Millionen Euro zur Verfügung stellt, dürfte das Projekt nicht nur als Versuchsballon gelten. Oliver Blume, CEO von Porsche: „E-Fuels für Automobile sind eine sinnvolle Ergänzung – wenn sie an Orten auf der Welt produziert werden, wo nachhaltige Energie im Überschuss vorhanden ist. Mit der Beteiligung an der weltweit ersten kommerziellen integrierten E-Fuel-Anlage unterstützen wir die Entwicklung von alternativen Kraftstoffen der Zukunft.“
Einen weiteren interessanten Aspekt erklärt Michael Steiner, Vorstand für Forschung und Entwicklung bei Porsche: „Denken Sie an den großen Bestand von Porsche-Fahrzeugen, die noch lange mit Verbrennungsmotor unterwegs sein werden. E-Fuels sind für sie eine zeitgemäße Alternative.“
Fazit: Aufgrund der fehlenden Anlagen und des schlechten Wirkungsgrades gehören auch die E-Fuels nicht zum Allheilmittel gegen den CO2-Ausstoß. Dennoch können sie einen wichtigen Teil zur CO2-Reduktion darstellen – dort, wo Reichweite gefragt ist. Bleibt zu wünschen, dass die Politik den Einsatz und die Entwicklung dieser Kraftstoffe entsprechend fördert.
Eines ist sicher: Es gibt für jeden Verwendungszweck einen Ansatz – es wird ein spannender Mix aus batterieelektrischen, Brennstoffzellen- und mit E-Fuel angetriebenen Fahrzeugen werden. Wie die Gewichtung aussieht, wird die Zukunft zeigen.