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Klein, aber so was von oho

Kunstradfahren & Radball. Wäre der Hallen-Radsport olympisch, hätte Österreich garantiert Medaillenchancen.

Absolute Weltklasse sind Österreichs Kunstrad-Sportlerinnen und -Sportler sowie die Radballer. Wobei „Österreich” eine Übertreibung ist, tatsächlich handelt es sich um das Ländle. Vorarlberg ist das Epizentrum des Hallen-Radsports. Zwei Beispiele: Zur WM 2017 strömten über 10.000 Zuschauer ins Dornbirner Messequartier und Adriana Mathis, die heuer ihre Karriere beendet hat, ist hoch dekoriert: Die 25-Jährige vom ARBÖ Radclub 11er Meiningen wurde 2015 Weltmeisterin im Einer-Kunstradfahren, 2014 holte sie WM-Silber, 2017 und 2018 jeweils WM-Bronze. Und bei der WM 2019 im Dezember in Basel gehen etwa die Höchster Patrick Schnetzer/Markus Bröll als Titelverteidiger im Radball an den Start.

Im Ländle Tradition. Annemarie Micheluzzi ist unter anderem im ARBÖ-Fachausschuss für Vorarlberg tätig und so etwas wie die „gute Seele” des Hallen-Radsports in Vorarlberg. Dass dieser Sport außerhalb Vorarlbergs ein stiefmütterliches Dasein führt, ist für sie schnell erklärt: „Der Hallenradsport hat nur in Vorarlberg Tradition. Hier gibt es die besten Trainer und den meisten Nachwuchs.” Auch die eingangs erwähnten Olympischen Spiele stellten für Kunstradfahrer und Radballer ein Problem dar: „Wir sind eben keine olympische Disziplin. Damit fehlt natürlich das große Interesse von Sponsoren und Medien”, stellt Micheluzzi fest.

90 Medaillen. Die Erfolge, die von Aktiven aus dem kleinsten Bundesland eingefahren wurden, sind allerdings höchst bemerkenswert. Seit 1962 eroberten Vorarlberger Kunstradfahrerinnen und -fahrer sowie Radballer bei Weltmeisterschaften nicht weniger als 90 (!) Medaillen, davon 14 aus Gold.

Während Radball inzwischen auch außerhalb Vorarlbergs gespielt wird, bleibt das Kunstradfahren weiter fest im Ländle verankert. „Wir müssten eine Art Entwicklungshilfe in den östlichen Bundesländern leisten”, erklärt Annemarie Micheluzzi, „aber das scheitert an der Zeit und natürlich am Geld.” Denn während das berühmte Regenbogentrikot für einen StraßenWeltmeister nicht nur Reputation bringt, sondern auch dessen Kassa klingeln lässt, hat es für Hallensportler in Österreich hauptsächlich ideellen Wert. Prämien gibt es so gut wie keine, vom Sport leben zu können ist unmöglich. „Wir sind Idealisten”, sagt Micheluzzi, „zu verdienen gibt es nichts.”

Um weiterhin Nachwuchs zu bekommen, machen Annemarie Micheluzzi und andere Funktionäre und Sportler Werbung in Schulen – auch kein einfaches Unterfangen. Micheluzzi: „Man muss halt ständig dranbleiben, der Nachwuchs läuft uns nicht in Scharen zu.” Aber der Medaillenregen geht weiter: Bei der Junioren-EM 2018 gingen 2-mal Gold und 2-mal Silber an Österreich, pardon, natürlich an Vorarlberg.