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Stromaufwärts

Berg- und Talfahrt. Mit dem Elektroauto zum höchsten Punkt Österreichs – Ausfahrt mit Königsetappe im Toyota bZ4X.

Wie schlägt sich ein E-Auto auf Urlaubsfahrt zu Öster reichs höchstem Wahrzeichen, dem Großglockner?

Wie viel wird uns diese ca. 35 km lange Steigung hinauf bis zur berühmten Franz-Josefs-Höhe wirklich aus dem Akku saugen? Wie sieht es dabei mit der Temperatur aus, wird das System überhitzen? Kommen wir aus dem Osten Österreichs auch ohne Probleme hin und wieder zurück? An nur einem Tag?

Viele Fragen also. Glücklicherweise befand sich gerade ein Toyota bZ4X Testfuhrpark und mit ARBÖ-Technikkoordinator Erich Groiss fand sich auch ein wissenshungriger und sehr kundiger Elektrofahrer, der diese automobile Paradedisziplin auch gleich in Angriff nehmen wollte.

Der bZ4X ist Toyotas erstes reines Elektroauto. Befeuert wird der gut viereinhalb Meter lange Crossover von einem 204 PS starken E-Motor, der 71,4-kWh-Akku liefert netto 64 kWh (Quellen: ev-database.org, Auto Motor Sport; keine Angabe seitens Toyota). Das ergibt eine Reichweite von 442 bis 512 km (WLTP).

Unser Bergabenteuer beginnt im niederösterreichischen Eichgraben. Natürlich früh morgens, denn wir wollen am Abend auch wieder zurück sein.

Unsere Route soll uns über die Westautobahn nach Salzburg führen, weiter über Bischofshofen und Zell am See bis nach Fusch an der Großglocknerstraße und zum Beginn der berühmten Großglockner Hochalpenstraße. Macht in Summe 366 Kilometer bis zu unserer „Bergwertung“. Erste Ernüchterung: Der Toyota kann innerhalb von 24 Stunden nur dreimal schnellgeladen werden. Bei einer vierten Schnellladung innerhalb dieses Zeitraums würde die Ladegeschwindigkeit statt maximal 150 kWh auf ca. 40–50 kWh reduziert – aus Sicherheitsgründen, so Toyota.

Los gehts. Sei’s drum, – wir machen uns um sechs Uhr früh auf den Weg. Vollgeladen. Der Toyota erweist sich rasch als angenehmer Reisegefährte. Wir sind zu dritt unterwegs, Platz an Bord gibts mehr als reichlich und auch das Wohlbefinden auf der Langstrecke geht in Ordnung.

Erster Ladestopp in St. Georgen im Attergau: Nach ca. 217 km hängt der Toyota mit 42 Prozent an einer Smatrics-Ladesäule. Wir nutzen die Zeit für ein zweites Frühstück. Knapp eine halbe Stunde später ist unser Auto zu 92 Prozent voll und weiter gehts Richtung Großglockner. Mit 380 km Reichweite sollten wir locker unser Ziel auf rund 2300 m erreichen können. Es geht zur Sache. Wir stehen an der Mautstation Ferleiten am Beginn der Großglockner Hochalpenstraße. trics-Ladesäule. Wir nutzen die Zeit für ein zweites Frühstück. Knapp eine halbe Stunde später ist unser Auto zu 92 Prozent voll und weiter gehts Richtung Großglockner. Mit 380 km Reichweite sollten wir locker unser Ziel auf rund 2300 m erreichen können.

Es geht zur Sache. Wir stehen an der Mautstation Ferleiten am Beginn der Großglockner Hochalpenstraße.In vielen Kehren geht es ab hier mit bis zu rund zwölf Prozent Steigung hinauf zum höchsten Punkt. Aktuelle Reichweite: 154 Kilometer. Reicht das bis nach oben? Um wie viel wird der Stromverbrauch bergauf steigen?

Nach gut einem Drittel der Bergstrecke klettert auch unser Verbrauch nach oben. Der bZ4X kurvt brav und zuverlässig Kehre für Kehre nach oben: ohne thermische Probleme seitens Batterietemperatur. Dabei ist es ein Genuss, wie souverän und kraftvoll der Zweitonner jedes Mal aus der Kehre herauszieht. Auch ein langsameres Wohnmobil konnten wir bergauf locker überholen.

Am Fuscher Törl, dem ino±ziellen Zwischenziel, gehts erstmals kurz bergab und in weiterer Folge wieder bergauf Richtung Kaiser Franz-Josefs- Höhe. Auf diesen rund 20 km können wir per Rekuperation auch gleich wieder ein paar Kilometer an Reichweite gutmachen und rund 30 Minuten später stehen wir mit unserem Toyota auf 2369 m Höhe. Der Ausblick von hier auf Großglockner und Pasterze ist grandios! Überwältigt vom Panorama und zufrieden über unseren elektrischen Reisegefährten, der uns komfortabel und problemlos in diese hochalpine Bergwelt brachte, genießen wir unsere Gipfelrast. Für’s Protokoll: Unsere Restreichweite am „Gipfel“ beträgt 80 km.

Laden am Berg. Bei der Rückfahrt halten wir an der Fuscher Lacke zum Aufladen, hier gibts einen 60-kWLader. Nach rund 20 Minuten sind auch schon 82 Prozent Akkustand erreicht und wir noch eifrig mit Schauen und Fotografieren beschäftigt.

Großglocknerstraße: Hinauf zum Top of Österreich


Die Großglockner Hochalpenstraße zählt seit fast 90 Jahren zu den Wahrzeichen Österreichs. Insgesamt 36 Kehren sind es auf der höchstgelegenen befestigten Passstraße Österreichs hinauf zur berühmten Kaiser-Franz-Josefs-Höhe auf 2369 m. Von dort bietet sich ein überragender Blick auf den höchsten Berg Österreichs (3798 m) und die Pasterze, den größten Gletscher der Ostalpen. Auch wartet auf der nach dem Habsburger Kaiser Franz Joseph benannten Höhe ein Besucherzentrum mit Ausstellungen. Am Weg hinauf locken zahlreiche Panoramablicke, Almen, Gasthöfe, Lehrwege und Ausstellungen zu Zwischenstopps. Nähere Infos, Tarife (Maut) und aktuelle Befahrbarkeit:

www.großglockner.at

 

Wichtig: Hier oben sollte ein E-Auto keinesfalls vollgeladen werden, da sonst in weiterer Folge bergab keine Rekuperation mehr möglich ist und man ständig bremsen muss! Daher lassen wir es bei 82 Prozent Akkustand gut sein und fahren wieder zurück Richtung Fusch. Vor der Talfahrt machen wir jedoch noch einen kurzen Abstecher auf die Edelweißspitze: mit 2571 m der höchste Punkt der Großglockner Hochalpenstraße.

Die Talfahrt nach Fusch liefert uns weitere fünf Prozent in den Akku.

Im Tal angekommen (Akku 87 Prozent) geht es zurück nach St. Georgen im Attergau zum allgemeinen Auftanken. Sprich: Strom laden und Abendessen. Auch der Toyota genehmigt sich dabei ein „ordentliches Menü“ und kann so seinen Akkustand von 37 wieder auf satte 95 Prozent ergänzen.

Toyota bZ4X - EUR 51.290,–*

Motor: Elektromotor; Akku 71,4 kWh brutto
Leistung: 150 kW/204 PS
L/B/H: 4690/1860/1600 mm
Testverbrauch: 15,5 kWh/100 km**
MVEG-Verbrauch komb.:            14,4–16,9 kWh/100 km
max. Ladeleistung Soll: AC 11 kW/DC 150 kW
0–100 km/h; Spitze: 7,5 s; 160 km/h
Kofferraumvolumen:      410–452 Liter

* BASISPREIS (2WD); PREIS TESTAUTO: EUR 61.390,– (COMFORT-PAKET)
** TEMPERATUR WÄHREND TEST: 20 BIS 30 GRAD CELSIUS


ARBÖ-Fazit:

Plus: Sicheres Fahrgefühl, effizienter Antrieb, umfangreiche Ausstattung, Raumangebot.
Minus: Keine Ladeplanung, in 24 h knapp viermal Schnellladen möglich, kein Handschuhfach & Frunk.

 

Weiter gehts rund 217 km zurück nach Eichgraben, wo wir kurz vor 22 Uhr – müde, aber voller Eindrücke – mit noch 29 Prozent im Akku am Ziel ankommen. Alles in allem haben wir auf unserer Tour über 800 km zurückgelegt, und das mit drei Ladestopps.

 

Berg & Tal: Reisen mit dem E-Auto


Wichtige Tipps für das Fahren am Berg mit Elektroautos:

  • Rekuperation. Am höchsten Punkt (Pass) das Auto keinesfalls vollladen, besser bei ca. 80 Prozent abbrechen. Sonst ist bergab keine Rekuperation mehr möglich und man muss ständig bremsen!
  • Zuladung. Bei Fahrten mit Gepäck auf die erlaubte Zuladung achten. Speziell E-Fahrzeuge haben meist ein etwas höheres Eigengewicht als Verbrennerautos.
  • Akku zu heiß? Bei flüssigkeitsgekühlten Akkus moderner E-Autos kein Problem – hier wird die AkkuTemperatur vom Thermomanagement sehr gut kontrolliert und bedarf keiner besonderen Beachtung. Das Problem, dass Akkus beim Laden oder Schnellfahren heiß werden, kann eher bei älteren Modellen mit luftgekühlten Akkus vorkommen.
  • Steigung vs. Reichweite. Fährt man einen Berg hinauf und dieselbe Distanz wieder bergab, verhält sich der Verbrauch ungefähr so, als würde man in der Ebene fahren, da durch die Rekuperation der Akku wieder geladen wird. Den „Mehrverbrauch“ an Steigungen gewinnt man bergab durch die Rekuperation praktisch fast wieder zurück.
  • Ladesäulen. Die Ladeinfrastruktur in Österreich ist bereits gut ausgebaut, jedoch wären mehr HPC-Lader (über 50 kW) notwendig, da es immer öfter zu Staus an Ladesäulen kommt, wie etwa am Knoten Steinhäusl/A1 Westautobahn.

 

Verlässlicher Begleiter dabei war die ARBÖ-E-Klubkarte, die auch als Ladekarte dient. Ihre Vorteile: über 12.000 Ladepunkte in ganz Österreich, kein InlandsRoaming und faire Abrechnung in kWh (Infos: www.arboe.at).

Was am Ende beweist: Auch längere Reisestrecken und sogar ordentliche Bergetappen sind mit E-Autos durchaus problemlos machbar. Eine Planung im Hinblick auf Lademöglichkeiten ist aber empfehlenswert.