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Mildhybrid: Watt ihr Volt
Vollhybrid, Mildhybrid, Plug-in- Hybrid, all die herstellereigenen Kürzel dazu – es könnte einem ja fast schwindlig werden vor lauter Elektrifizierung im Auto. Dabei ist das System dahinter recht einfach zu durchschauen: Ein Vollhybrid ist in der Lage, abschnittsweise auch rein elektrisch zu fahren. Einfach gesagt bilden Elektround Verbrennungsmotor hier ein geschlossenes System, in dem eine kluge Steuerung den beiden vorgibt, wer den Vortrieb übernimmt. Lediglich Kraftstoff kann nachgefüllt werden. Der Plug-inHybrid ist ebenso ein Vollhybrid, jedoch mit dem Unterschied, dass dieser über einen Akku von deutlich größerer Kapazität verfügt, der auch an der Steckdose geladen werden kann. So ist es auch möglich, kürzere Strecken rein elektrisch zurückzulegen. Beim Mildhybrid wiederum ist rein elektrisches Fahren nicht möglich – hier übernimmt der Elektromotor lediglich eine unterstützende Funktion.
Neuer Standard. Der Mildhybrid ist gerade dabei, in der Automobilbranche zum Standard zu werden, sind doch 48-V-Bordnetze die jüngste Mode. Das Prinzip dahinter ist ähnlich wie im Haushalt. Höhere Spannungen benötigen bei gleicher Leistung kleinere Leitungsquerschnitte, was nicht nur dem Leichtbau zuträglich, sondern auch für leistungsstarke Verbraucher notwendig geworden ist. Wie üblich werden derlei neuartige Technologien langsam über höhere Fahrzeugklassen eingeführt. Bei Bentley gibt es etwa elektrisch verstellbare Stabilisatoren, in Audis oberen Klassen blitzartig ansprechende elektrische Verdichter, die den großvolumigen Motoren dort aus dem Turboloch helfen.
Doch stetig hält das 48-V-System Einzug in leistbare Gefilde. Hier bietet es in erster Linie die Möglichkeit, statt der Lichtmaschine einen Riemenstartergenerator zu verwenden. Sowas Ähnliches gab es zwar schon in den 50er-Jahren beim seligen 500er-Pucherl mit dem Namen „Dynastart“, nicht aber in solch cleverer Ausführung: Aktuelle Varianten können den Verbrennungsmotor bedarfsgerecht mit Drehmoment unterfüttern (im Falle des neuen Land Rover Evoque bis zu 140 Nm zusätzlich). Das ist nicht nur beim Anfahren oder beim Überholen durchaus dienlich, sondern hilft auch massiv, die Emissionen – egal ob an einen Diesel oder Benziner gekoppelt – zu reduzieren. Im Schubbetrieb lädt der Riemenstartergenerator die zusätzliche 48-V-Batterie, an die – je nach Ausbaustufe – viele andere Verbraucher wie elektrische Servolenkung, Klimakompressoren, Komfort- und Sicherheitssysteme angeschlossen werden können.
Nicht zu vergessen sind die Möglichkeiten, welche die Startfunktion mit sich bringt – der Zugewinn an Komfort ist nur ein Punkt davon. Im Vergleich zu einem herkömmlichen Ritzelstarter geschieht der Startvorgang annähernd unmerklich, da der Riemenstartergenerator permanent mit der Kurbelwelle verbunden ist. In Kombination mit einem Automatikgetriebe kann man beispielsweise mit komplett abgeschaltetem Verbrennungsmotor „segeln“. Bei Volkswagen, wo diese Option angeboten wird, spricht man von Kraftstoffersparnissen von bis zu 0,4 l/100km im Straßenbetrieb.
- CHRISTOPH JORDAN