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„Mobilität für alle“
Für Landschaft oder Ausblick steht das Wort „Kenshiki“ im Japanischen. Bei Toyota gilt wohl Letzteres, denn der Autobauer gestattete im Rahmen des alljährlich stattfindenden Kenshiki-Forums 2023 in Brüssel einen Blick in Richtung Zukunft und präsentierte Strategien für eine CO2-neutrale Mobilität. Dabei durften Journalistinnen und Journalisten in Sachen künftige Modelle kurz hinter den Vorhang blicken.
Das Unternehmensziel des japanischen Großkonzerns lautet aktuell „Mobilität für alle“, soll niemanden zurücklassen und demnach emissionsarme Mobilitätslösungen für jedermann zugänglich machen. Den Fokus legt Toyota dabei auf einen Multi-Technologie-Ansatz, also vielfältige Antriebslösungen für den Weg in eine CO2-neutrale Zukunft, die in Europa bis 2040 vollzogen sein soll.
Und so startet Toyota in Europa in eine Strom-Offensive. Der größte Automobilhersteller der Welt hat derzeit in Europa mit dem bZ4X nur ein Elektrofahrzeug im Programm, was sich bald ändern soll: Bis 2026 will man in Europa sechs Modelle mit rein elektrischem Antrieb einführen und rechnet bis dahin mit mehr als 250.000 batterieelektrische Neuzulassungen pro Jahr.
Auf dem Kenshiki-Forum 2023 wurden nun einige Studien von Toyota und Lexus vor den Vorhang geholt, die die nächste Generation batterieelektrischer Modelle einläuten sollen. Mit zwei Modellen, auf Basis des Urban SUV Concept (nicht zu verwechseln mit dem bereits vorgestellten Compact SUV Concept) und des Sport Crossover Concept (siehe Kasten) kann schon 2024 bzw. 2025 gerechnet werden, bei anderen ist der Start noch offen.
Auch arbeitet Toyota an einer Reihe neuer Batterien für die künftigen Stromer. Darunter eine Performance-Batterie, mit einer fast doppelt so großen Reichweite wie der Akku im aktuellen bZ4X – gleichzeitig soll sie um 20 Prozent günstiger werden. Bei einer anderen Batterie (Lithium-Eisen-Phosphat), verfolgt man ein attraktives Preis-Leistungsverhältnis, was der Verbreitung von BEV-Autos helfen soll. Gegenüber dem bZ4X strebt Toyota hier ein Reichweitenplus von 20 Prozent und eine Kostensenkung um 40 Prozent an. Beim dritten Batterietyp handelt es sich um eine Hochleistungsbatterie mit bipolaren Technologie, Toyota erwartet hier gegenüber der Performance-Batterie noch niedrigere Kosten und eine noch größere Reichweite.
Toyota-Studien: Erster Ausblick auf kommende Modelle ab 2024
„Hybrid wird weiterleben”
Im Freie-Fahrt-Interview: Gerald Killmann, Senior Vice President Toyota Motor Europe über Gigacasting, Hybridantrieb und günstige E-Autos.
Freie Fahrt: Toyota überlegt bei künftigen Modellen die sogenannte Gigacasting-Technik – den Guss von größeren Fahrzeugteilen – einzusetzen. Um was handelt es sich dabei?
Gerald Killmann: Mit dem Guss von komplexen Teilen, die bislang aus zahlreichen Einzelteilen bestanden, könnten Herstellungskosten und Komplexität reduziert werden. Dieses Gussverfahren bringt Vorteile: Bei gleicher Struktur etwa zehn Prozent Gewichtsersparnis, dazu auch eine höhere Steifigkeit, was in Summe alles der Fahrdynamik zu Gute kommt. Auf der anderen Seite muss man aber aufpassen, dass man im Crashfall gerade diese strukturellen Teile nicht beschädigt. Denn muss man diese Teile tauschen, wird es teuer.
Toyota ist ein Hersteller, der sich bei seinen Produkten Qualität, Dauerhaltbarkeit, Zuverlässigkeit und Erschwinglichkeit als Grundvoraussetzungen gesetzt hat, deshalb gehen wir diese Technologie einmal an. Jedoch mit dem Vorsatz, sicherzustellen, dass in Falle eines leichten Crashs dem Kunden nicht zu hohe Kosten entstehen. Das ist eine Technologie die durchaus interessant ist, aber sie muss intelligent eingesetzt werden.
Wir bauen zehn Millionen Autos im Jahr und haben extrem viel Erfahrung mit der konventionellen Technologie und haben diese optimiert. Und diese neue Technologie wird aber auch im Wettbewerb mit jener stehen. Wir sind zuversichtlich, es heißt aber nicht, dass wir künftig bei all unseren Autos Gigacasting einsetzen werden. Für bestimmte Anwendungen macht das Sinn, etwa bei Plattformen für batterieelektrische Fahrzeuge.
Toyota gilt als Hybrid-Pionier schlechthin. Wie sehen Sie angesichts der allgemeinen Weichenstellungen für E-Autos die Zukunft des Hybrid-Antriebs?
Beginnen wir global – die Welt muss CO2 reduzieren. In jedem Kontinent gelten andere Voraussetzungen. In Europa hat die Politik entschieden, soll dies hauptsächlich mit batterieelektrischen Fahrzeugen geschehen, Wasserstoff ist auch „erlaubt” und auch eFuels sollen so wie es aussieht dafür herangezogen werden können.
Anders etwa in Brasilien: Brasilien ist praktisch jetzt schon CO2-frei, dort gibt es Biokraftstoffe, die Autos fahren mit 100 Prozent Bio-Ethanol, hier wird man nicht auf BEV-Fahrzeuge setzen.
Toyota ist eine globale Firma, das heißt, wir müssen globale Antriebskonzepte anbieten können – verschie- dene Fahrzeuge und Plattformen für die unterschiedlichen Märkte weltweit. In Brasilien sehe ich deshalb kein Ende des Hybrid-Antriebs, ähnlich auch die Situation in Indien.
Hybrid wird es weiterhin bei Toyota geben, es ist meiner Meinung nach das richtige Konzept um möglichst effizient die CO2-neutralen Kraftstoffe die es dort gibt (Anm. Brasilien) zu nutzen. Für jedes Land, dass solche Bio-Kraftstoffe produzieren kann, ist der Hybrid ein hervorragendes Konzept. Die Energiedichte, die hohe Flexibilität und die rasche Nachtankzeit be kommen Sie mit keiner anderen Technologie hin. Kurz gesagt: Hybrid wird weiterleben.
Die Toyota-Hybrid-Technik befindet sich aktuell in der fünften Generation und wir entwickeln bereits die nächste. Das zeigt, dass wir weiter an den Hybrid glauben. Europa hat seine politische Zielrichtung vorgegeben und auch hier werden wir die entsprechenden Produkte anbieten können.
„Mobilität für alle“ und „Wir lassen niemanden zurück“ sind die Toyota-Slogans. Wann bringt Toyota ein
kleines, günstiges Elektroauto?
Das günstige kleine Elektroauto ist bei den heutigen Batteriepreisen noch nicht so leicht darzustellen, die Zeit ist noch nicht reif dafür. Wir haben mit dem Aygo X ein kleines günstiges Auto im Programm. Dieses Auto wurde in Europa entwickelt und auch hier produziert, ausschließlich für Europa, den gibt es nirgendwo anders. Das ist unserer Antwort darauf.
Zur Person
Dipl.-Ing. Gerald Killmann (59) studierte an der TU Graz Maschinenbau mit dem Schwerpunkt Verbrennungsmotoren. Der gebürtige Grazer ist seit 1992 bei Toyota und seit 2014 als Senior Vice President bei Toyota Motor Europe für Forschung & Entwicklung, sowie für das Thema Wasserstoff zuständig.
Was die Aussichten der ersten Feststoffbatterien von Toyota betrifft, sagte Andrea Carlucci, Vice President Toyota Motor Europe Product and Marketing Management: „Bei der Haltbarkeit von Feststoffbatterien – einer langjährigen Herausforderung – haben wir einen technologischen Durchbruch erzielt. Derzeit entwickeln wir ein Verfahren für die Serienproduktion und streben die Markteinführung bis 2027-2028 an.“
Lexus. Auch Toyotas Nobel-Marke Lexus zeigt mit den unaussprechlichen Studie LF-ZC und LF-ZL Mut und Schaffenskraft: „Seit Gründung der Marke im Jahr 1989 ist Lexus ein Pionier für neue Technologien. Wir sind stolz darauf, die Standards des Luxusautomobilmarktes immer wieder neu zu definieren. Dies nehmen wir uns auch im Bereich der Elektrifizierung vor. So entwickeln wir eine neue modulare Fahrzeugstruktur“, erklärt Pascal Ruch, Vice President Lexus Europe und spielt auf das Gigacasting-Verfahren an: Die nächste Generation der Lexus E-Fahrzeuge soll auf einer modularen Struktur basieren, die die Karosserie in drei Teile unterteilt: Front, Mitte und Heck. Durch die Reduzierung der Bauteile – vorderer und hinterer Teil bestehen derzeit aus etwa 175 separaten Elementen – sollen sich sich die Produktionszeiten drastisch reduzieren lassen.
„Auch im Software-Bereich steht uns eine Revolution bevor, die es uns ermöglichen wird, Fahrzeuge mit einem Höchstmaß an Personalisierung zu entwerfen. So erhält jeder Kunde das Auto, das perfekt zu ihm passt“, schwärmt Ruch. Damit spricht er auch das neue Betriebssystem „Arene OS“ an, quasi ein persönlicher digitaler Butler. Es soll neue Möglichkeiten bei Unterhaltung und Konnektivität ermöglichen und mit Hilfe von künstlicher Intelligenz soll das Spracherkennungssystem rasch auf Befehle reagieren und personalisierte Vorschläge liefern können.
-ME
Lexus-Zukunft: Stylish, digital & clever
LEXUS LF-ZL: Die Studie für ein BEV-SUV-Flaggschiff wirft einen Blick in eine Zukunft, in der Mobilität, Mensch und Gesellschaft nahtlos miteinander verbunden sind. Das Fahrerlebnis wird individuell zugeschnitten, das Fahrzeug berücksichtigt Fahrer-Gewohnheiten und macht personalisierte Vorschläge.