Reisen und Freizeit

Die beste Stadt der Welt

Lissabon. Portugals Hauptstadt erlebt einen ungeheuren Aufschwung: Historischer und kultureller Reichtum verbinden sich hier mit ständiger Innovation – die einstige Patina ist einer quirligen Urbanität gewichen. Prädikat: unbedingt sehenswert!

Wo anfangen mit der Stadtbesichtigung? Diese Entscheidung ist in Lissabon besonders schwer, denn eine Single-Sehenswürdigkeit wie der Ei¤elturm in Paris, der Kölner Dom oder der schiefe Turm von Pisa gibt es nicht; die portugiesische Hauptstadt punktet mit zahlreichen Highlights. Die Lösung: wie die Lisboetas erst mal einen Ka¤ee trinken gehen, um zu überlegen und sich zu besprechen. Am besten gelingt das in Gesellschaft von Fernando Pessoa: Der portugiesische Nationalpoet sitzt in Bronze gegossen an einem kleinen Tischchen auf der Terrasse des traditionsreichen, wunderschönen Cafés „A Brasileira“. Auskenner (und Einheimische) bestellen eine Bica. Bica ist die Abkürzung für „beba isto com açúcar – trinken Sie das mit Zucker“; ein Ratschlag aus der Zeit, als der bittere Espresso noch nicht jedermanns Geschmack war.

Gestärkt geht es nun ans Sightseeing. Das Herz der hippen Metropole mit sieben Hügeln an der breiten Mündung des Tejo ist die Unterstadt Baixa aus dem 18. Jahrhundert: Von der „Praça do Comércio“ am Fluss gelangt der Besucher durch einen Triumphbogen in den schwarz-weiß gepflasterten Shopping-Boulevard Rua Augusta, der bis zum zentralen Platz Rossio führt. Lust auf eine zweite Bica? Dann empfiehlt sich das legendäre Café „Nicola am Rossio“, ein Meilenstein der Emanzipationsbewegung in Lissabon: Im 19. Jahrhundert betrat hier verbotenerweise erstmals eine Frau ein öffentliches Ka¤eehaus. Die Beste war als Mann verkleidet – wurde aber entlarvt und sorgte für einen veritablen Skandal. Die Alternative zur Bica wäre ein Gläschen Ginjinha in der winzigen Stehbar gleichen Namens: „A Ginjinha“ kredenzt seit rund 170 Jahren ausschließlich den köstlichen, süßen Weichsellikör, am Tresen tre¤en sich Einheimische und Touristen. In gut zehn Gehminuten ist von hier aus die Kathedrale Sé aus dem 12. Jahrhundert erreicht. Dahinter beginnt der Anstieg in die Alfama, dem ältesten Stadtviertel. Schmale, steile Gassen schlängeln sich hinauf auf den Hügel zur Burg „Castelo de São Jorge“ und den Miradouro de Santa Luzía: Von beiden gibt es einen herrlichen Ausblick über die Stadt!

Was wäre Lissabon ohne Azulejos, jene blauen Keramikfliesen, die die Architektur Portugals prägen? An der Rückseite der Alfama lädt das Museu Nacional do Azulejo (Fliesenmuseum) in uralten Klostergemäuern zu einer spannenden Zeitreise vom Ursprung bis in die Gegenwart der Keramikkunst ein. Der Museumsrundgang führt auch durch die prunkvolle Barockkirche Madre de Deus.

Schätze & Neues außerhalb. Gute zehn Kilometer Tejo abwärts lässt es sich auf den Flusskais gut flanieren. Hier ist der Turm „Torre de Belém“ als Schutzsymbol der Seefahrer zu bestaunen; weiters das Marine-, Kutschen- und Archäologische Museum, der „Palácio de Belém“ (Sitz des Staatspräsidenten) und das Entdeckerdenkmal Padrão dos Descobrimentos. Der 52 Meter hohe Klotz wurde 1960 anlässlich des 500. Todestages von Heinrich dem Seefahrer errichtet, die oberste Etage bietet imposante Ausblicke.

Mit einer Architektur wie Zuckerguss gilt das Kloster „Mosteiro dos Jerónimos“ als bedeutendstes erhaltenes Bauwerk des manuelischen Stils (einer portugiesischen Sonderform der Spätgotik). Das Südportal imponiert mit 24 feinst ziselierten Figuren. Unmittelbar daneben empfiehlt sich der dritte Kaffeehaus-Stopp – diesmal wegen einer süßen Verführung: In der „Confeitaria de Belém“ werden seit 1837 die köstlichen Blätterteig-Cremetörtchen „Pastéis de Belém“ hergestellt und verkauft.

Ein junges, urbanes Viertel ist der Parque das Nações (Park der Nationen) in Lisboa Oriente, der für die Expo 98 von namhaften Architekten umgesetzt wurde. Eine Seilbahn schwebt über das futuristische Areal, unten warten das Oceanário (größtes Meeresaquarium Europas) sowie angesagte Bars, Restaurants, Kunstgalerien und Läden.

Weltbeste Stadt. Ende November 2024 knallten bei den Lissabonner Tourismusverantwortlichen wohl die Espumante-Korken. Bei der 31. Verleihung des World Travel Awards (dem Oscar der Reisebranche) gabs gleich zweimal Platz eins: als „weltweit führendes Städtereiseziel“ (zum zweiten Mal in Folge) sowie als „führende Kulturerbe-Stadt“. Die doppelte Auszeichnung krönt den rasanten Aufschwung Lissabons mit vormals schmuddelig-morbidem Charme zu einer vielgestaltigen Trendmetropole. Gewaltige Summen flossen in Restaurierung und Bewahrung des Kulturerbes sowie in innovative Projekte. Die jüngsten modernen Museums-Hotspots sind das Königliche Schatzmuseum (seit 2022), das Contemporary Art Museum MAC/CCB (2023), „Ah, Amália – Living Experience“ (eine futuristische Schau über die Fado-Diva Amália Rodrigues, Juni 2024) und MACAM, das neue Museum für zeitgenössische Kunst samt stilvollem 5*-Hotel (März 2025). Man sieht: Die zeitlose Stadt am Tejo mit mehr als 3000 Jahren Geschichte erfindet sich laufend neu.